Voranschlag 2025 der Stadt Dornbirn - kein Zukunftsbudget!

Viel Geld liegen gelassen, viel Geld verschleudert: Stadträtin Juliane Alton analysiert den Budgetvoranschlag der Stadt Dornbirn für 2025 in ihrer Rede vor der Stadtvertretung

Voranschlag 2025 der Stadt Dornbirn - kein Zukunftsbudget!
Photo by Jakub Żerdzicki / Unsplash

Das Budget schaut auf den ersten Blick gut aus, obwohl die Wirtschaftslage schwierig ist: Die Steuereinnahmen sind rückläufig (5 Mio unter Plan).

  • Die Personalkosten steigen um 7,73% - vor allem wegen des Gehaltsabschlusses.
  • Es gibt hohe Rücklagenentnahmen.
  • Der Schuldenstand steigt um knapp sieben Millionen Euro auf 202 Millionen Euro.
  • Deshalb kostet der Schuldendienst (Tilgungen und Zinsen) 2025 26 Millionen, das kann bei steigenden Zinsen sogar noch mehr werden. Etwa die Hälfte der städtischen Kredite sind variabel verzinst.
  • Im Voranschlag sind alle, auch die kleinsten Reserven, gestrichen. Wird er nicht so scharf, wie er beschlossen wurde, umgesetzt, wird der Rechnungsabschluss 2025 düster ausschauen.

Das sind die Eckpunkte des Voranschlags. Dass er den gesetzlichen Vorgaben entsprechend erstellt werden konnte und "nur" 1,2 Millionen "negativer freier Finanzspitze" zeigt, liegt daran, dass eine große Zahl an Vorhaben einfach verschoben werden in die nächsten Jahre. Dazu zählen Projekte, zu denen wir als Schulerhalter für die Pflichtschulen und als Zuständige für die Elementarpädagogik verpflichtet sind. Es wurde so viel verschoben, dass der Ausblick auf die kommenden Jahre sich äußerst düster darstellt. Es wird nicht gelingen, jedes Jahr einen Kindergarten oder eine Schule zu sanieren. Dabei sind wir mit den Sanierungen schon um Jahre in Verzug geraten. Bestehende Gebäude wie die Volksschule Oberdorf, die Turnhalle der Volksschule Leopoldstraße oder die Personalhäuser nehmen Schaden: Die Mittagsbetreuung erfolgt unter prekären Umständen, die Turnhalle ist im Winter nicht angemessen beheizbar, 11 Wohnungen in den Personalhäusern sind wegen Wasserschäden unbewohnbar. Auch die Kindergärten Rohrbach und Weißachergasse gehören dringend saniert.

Volksschule Oberdorf Eingang

Der Hauptgrund für das jahrelange Aufschieben liegt darin, dass für eine Reihe von Prestigebauten mehr Geld ausgegeben wurde, als selbst für eine wohlhabende Stadt wie Dornbirn verkraftbar ist: Vor allem die Zentrumsverbauung Haselstauden (Kinderhaus, Turnhalle, Wirtschaftsschule, Veranstaltungssaal, Proberaum und Tiefgarage) um 35 Millionen und die projektierte Volksschule Forach am ungeeignetsten Standort um etwa 30 Millionen bringen das Budget aus dem Gleichgewicht.

Kinderhaus Haselstauden

Wir sehen die Bemühungen, den Problemen entgegen zu treten:

  • Geplant ist eine Reduktion der Sachkosten um 15% über alle Abteilungen
  • Es soll Personaleinsparungen um 500.000 Euro geben - das heißt auch: Weniger Leistungen für die Bevölkerung und Wissensverlust.
  • Notwendige Sanierungen (Kindergärten Rohrbach und Weißachergasse; Schulen Oberdorf, Leopoldstraße) werden weiter auf die lange Bank geschoben, obwohl bisher schon zu wenig saniert wurde.
  • Andere Projekte werden auch verschoben werden (Feuerwehr Hatlerdorf, Personalhäuser Sanierung und Neubau)

Doch das Verschieben von Projekten belastet die Zukunft. Das ist das schwere Erbe der Bürgermeisterin Andrea Kaufmann. Denn selbst mit Verschiebungen in die nächsten Jahre kommen wir nicht durch. Schon 2026 werden wir ein negatives „freies Budget“ von 12,6 Millionen erreichen, wenn wir für 2026 geplante Projekte nicht noch weiter verschieben.

Wir dringen daher darauf, kein Geld liegen zu lassen und kein Geld zu verschleudern - beides passiert in erstaunlichem Ausmaß:

Hier lassen wir viel Geld liegen:

  • Keine Zweitwohnungsabgabe eingeführt, der grüne Antrag vom 23.5.24 für das Jahr 2024 wurde abgelehnt. Da entgehen uns 250.000 – 350.000 Euro.
  • Wir leisten uns leerstehende Wohnungen, 35 von 204 Wohnungen im städtischen Besitz stehen leer, elf sind unbewohnbar, 13 angemietete Wohnungen sind nicht weiter vermietet
  • Seit langem gibt es nicht kostendeckende Gebühren vor allem im Bereich Kanal
  • Regenwasser von privaten befestigten Flächen, das in den Kanal gelangt, wird nicht vergebührt, obwohl es größere Dimensionen im Kanal erfordert und in der Kläranlage nicht weniger kostet als Schmutzwasser. Seit zehn Jahren schieben die Grünen dieses Vorhaben an.
  • Verwertbares Vermögen, das die Stadt nicht benötigt und eher eine Belastung darstellt, wird nicht veräußert. Da würden wir Rücklagenentnahmen klar vorziehen.

Hier verschleudern wir viel Geld:

  • Wir zahlen an private Grundbesitzer:innen "Versickerungsförderung", obwohl sie gesetzlich zum Versickern verpflichtet sind – Gesamtbetrag bislang: 393.169,52 Euro
  • Das Baurecht an zwei Grundstücken in der Vorderen Achmühle kostet seit 2023 300.000 pro Jahr indexiert, heuer also bereits 317.000 Euro. Dort wird nur Gras gemäht.
  • Wir bauen aktuell um städtisches Geld eine Bundesschule - ohne vorher zu fragen, ob der Bund mit zahlt
  • Architekturvereinbarungen enthalten einen verkehrten Leistungsanreiz (Architekt bekommt mehr Geld, wenn Baukosten steigen!). Die Übertragung der Urheberrechte fehlt hingegen. Das kann viel kosten, wenn ein Bauwerk umgebaut werden muss.
  • Fehlentscheidungen wie der Bau des Polizeigebäudes im Bahnhofsquartier führen zur Entwertung diese wichtigen Quartiers und führen in der Folge zu Notlösungen statt zu besten Lösungen. Der von den Befürwortern behauptete Effekt eines Bahnhofs "wie in einem Dorf" ist dennoch nicht eingetreten.
  • Auch 2024 gab es eine illegale Direktvergabe einer Architekturleistung. Das Vergabegesetz zielt auf Wettbewerb unter den Bietern ab und wirkt gegen Korruption
  • Wir fürchten, dass die 5,1 Millionen-Investition in Büros in der Sägenhalle 4 über Mieten nicht so leicht herein zu bekommen sein wird. Dann bleibt die Stadt auf der Investition sitzen.
  • Am schlimmsten wirken sich die überteuerten Projekte aus: Zentrum Haselstauden, Volksschule Forach, doch auch Luxusbauten wie der Birkenwiessteg mit 1,3 Millionen und der geplante neue Karrensteg um 1,1 Millionen kosten etwa doppelt so viel wie notwendig. Dazu baut die Stadt öffentliche Tiefgaragen, die nicht ausgelastet sind (Haselstauden, Kindergarten Markt, voraussichtlich auch am Bahnhof)
  • Fünf Millionen werden jährlich für Zinsen ausgegeben – in der Hoffnung, dass sie nicht steigen. Doch die Kredite laufen lange, zwischen 20 und 40 Jahren.
  • Das Magazin "Dornbirn aktuell" kostet etwa 200.000 im Jahr und sollte eingestellt werden. Das Gemeindeblatt ist als als Amtsblatt die richtige Informationsquelle, auch wenn es inhaltlich großen Verbesserungsbedarf gibt.

Uns sind drei folgende Arbeitsbereiche am wichtigsten:

Energie: Die gestiegenen Preise für fossile Brennstoffe waren der Auslöser der Inflation der letzten Jahre. Die Energiekosten stecken in den Lebensmitteln, im Wohnen und bauen, in der Mobilität - schlicht: überall drin. Das Heizen und die Mobilität sind die Sorgenkinder, wenn es um Energie- und Kosteneinsparungen geht. Deshalb ist es so wichtig, unabhängig von fossilen Energiequellen zu werden und die notwendige Energie selbst herzustellen.

Dank Klimaministerin Leonore Gewessler bekommt Dornbirn eine Bundesförderung von rund zwei Millionen Euro für das Projekt Pionierstadt. Die zehn größten Städte Österreichs sollen jede für sich ein klimaneutrales Musterquartier in ihrer Stadt planen.

Die Umstellung des Stadtbusses auf Elektroantrieb ist ebenfalls durch umfassende Förderungen des Klimaministeriums möglich.

Die Stadt steuert weitere PV-Anlagen und LED-Beleuchtung bei. Überlegungen zu weiteren Formen der Energiegewinnung z.B. aus Wind oder Geothermie, sind kein Thema, obwohl wir das brauchen werden. Auch die Wärmeversorgung des Rohrbachs mit Hilfe einer Großwärmepumpe am Abfluss der Kläranlage steht nicht auf der Tagesordnung. Da braucht es städtisches Engagement und Tempo!

Private Hausbesitzer:innen müssen verstärkt auf diesem Weg mitgenommen werden. Dafür konnten wir die Förderung von Klimaprojekten durchsetzen. Was fehlt sind Sanierungslotsen, und die Förderung von Begrünung im privaten Bestand.

Als Übergangstechnologie kann Nahwärme aus Holz angesehen werden, bis ausreichend elektrische Energie vorhanden sein wird. Holz wird als Baumaterial bisher verwendete Baustoffe (Beton, Styropor) ersetzen müssen, die klimaneutral nicht hergestellt werden können. Insbesondere die jetzt in den Heizkraftwerken verfeuerten Holzabfälle eignen sich für die Herstellung von Dämmstoffen. Dass die Teile des bestehenden Nahwärmenetzes zusammengeschlossen und künftig von einer Tochter der VKW mehrheitlich übernommen werden sollen, ist richtig. Denn so kommt das Netz endlich in öffentlichen Besitz.

Es wird deutlich: Vor allem der Bund schiebt hier an, beim städtischen Engagement gibt es viel Luft nach oben.

Verkehr neu denken mit dem Gesamtverkehrskonzept. Hier sehen wir endlich ein wenig Licht für lang geforderte Vorhaben. Die Verkehrsberuhigung in Wohnbereichen steht zwar schon im Verkehrskonzept 1993, jetzt kommt sie wieder auf die Tagesordnung. Die Ziele sind richtig:

  • Förderung umweltfreundlicher Alternativen wie Radfahren, Zufußgehen und öffentlicher Verkehr, um den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht zu werden.
  • Lebensqualität in Stadtteilen: Maßnahmen zur Minimierung des Durchgangsverkehrs und zur Aufwertung des öffentlichen Raums.
  • Klimafreundliche Verkehrsstrategien für kommende Generationen.
  • Verkehrssicherheit: Verbesserungen für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen

Dafür sind im Voranschlag 2025 jedoch nur 70.000,- Euro vorgesehen. Soviel werden die Planungskosten der beauftragten Büros ausmachen. Für die Umsetzung ist demnach nichts vorgesehen. Soll die möglicherweise nicht ganz konfliktfrei ablaufende Umsetzung mit der Ausrede, es sein kein Geld vorhanden, auf die lange Bank geschoben werden?

Vieles hätte schon lange, sehr einfach und kostengünstig umgesetzt werden können. Die Grünen hatten 2023 einen Antrag zur Verordnung von Schulstraßen im Schulbezirk Markt eingebracht, der von ÖVP und FPÖ abgelehnt wurde.

Es gab zahlreiche Vorschläge für Fahrradstraßen, denn Fahrradstraßen dürfen von Kraftfahrzeugen nicht durchfahren werden. Es gibt also seit langem eine praktisch kostenlose Möglichkeit, verkehrsberuhigende Maßnahmen umzusetzen. Doch in Dornbirn tragen die wenigen Fahrradstraßen das Zusatzschild "Durchfahrt von Kraftfahrzeugen gestattet" und sind damit fast wertlos.

Baumgarten: Ein wichtiger Schulweg

Tempolimits werden vom Autoverkehr im Tempo-30-Bereich nur von wenigen eingehalten (laut VCÖ von 28%). So werden Straßen gefährlich für alle, die nicht im Auto sitzen.

Kinder sollen jetzt und in Zukunft gesund in Dornbirn aufwachsen können und beste Bildungsmöglichkeiten vorfinden. Entscheidend ist, dass Kinder sich in Dornbirn im öffentlichen Raum sicher bewegen können. Neben dem Gesamtverkehrskonzept braucht es daher auch einen Kulturwandel: Wer zu Fuß geht ist König, nicht wer im Auto sitzt. Erst wenn wir unsere Kinder ruhigen Herzens auf den Weg schicken können in die Schule, zum Sport, zu Freundinnen und Freunden - erst wenn wir das erreicht haben, ist die menschengerechte Verkehrsplanung am Ziel.

Wir sind weit davon entfernt, dass es in jedem Schulsprengel die Möglichkeit gibt, eine integrierte Ganztagesschule zu besuchen, obwohl seit langem klar ist, dass dies die beste und chancengerechteste Unterrichtsform ist. Auch für berufstätige Eltern (also praktisch alle) ist sie das beste Angebot.

Die gemeinsame Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen wird seit Jahrzehnten von der ÖVP blockiert, auch die Idee einer Modellregion Vorarlberg wurde hintertrieben. Da nützen auch Slogans wie "Kinder in die Mitte" oder "chancenreichster Lebensraum für Kinder" nichts: Hier werden den Kindern Chancen verbaut.

Oftmals stehen Eltern von Schul- und Kindergartenkindern vor dem Problem, dass die Betreuungsangebote nicht ausreichen für ihre beruflichen Notwendigkeiten. Da gibt es organisatorischen Verbesserungsbedarf und es braucht mehr Angebote. Auch bei der Qualität des Mittagessens gibt es Luft nach oben. Mit einer regionalen Küche auf Basis von regionalem Lebensmittelangebot könnte ein ganzes Bündel von wichtigen Zielen erreicht werden.

Positiv hervorzuheben ist Sozialarbeit in den Kindergärten und Volksschulen. Das Pilotprojekt erweist sich als wirksame Gesundheitsförderung und -prävention. Daher soll sie ausbaut werden.

Diese drei Bereiche Energie, Verkehr, Kinder sehen wir nicht ausreichend abgebildet im Voranschlag und noch weniger in den Folgejahren.

Im Bereich Umwelt vermissen wir notwendige Investitionen in die Gewässerreinhaltung: Vor allem dürfen die Regenüberläufe des Kanalnetzes nicht mehr so viel nicht gereinigte Abwässer in Bäche und Gräben fluten. Die Kläranlage wäre ein Kapitel für sich. Das Renaturierungsprojekt Fußenauerkanal wartet auf Hochwassermodell des Landes.

Wir sehen im vorgelegten Budget nicht den notwendigen Neubeginn für die Periode 2025 – 2030. Zu viele Lasten werden den künftigen Mandatar:innen zugeschoben. Deshalb lehnen wir den Voranschlag ab.

Strengen wir uns gemeinsam an, dass die kommende Periode eine gute wird! Lernen, stabil zu wirtschaften auch ohne ständig wachsende Budgets. Verteilen wir die Steuerlasten besser. Die Diskussion um Arbeits-, Vermögens- und Grundsteuern bietet Chancen. Achten auf funktionierende demokratische Institutionen, vor allem auf eine unabhängige, starke Justiz. Dass unser Staat funktioniert, ist auch unsere Verantwortung auf der Gemeindeebene.

Das sind wichtige Punkte, denn die Demokratie erfährt durch den politischen Rechtsruck gerade Gegenwind, auch wir Grüne verspüren ihn. Das ist für uns jedoch kein Grund für Pessimismus oder gar Resignation. Denn: Gegenwind lässt Flügel wachsen. Diese Flügel werden wir einsetzen, um auch gegen den Wind zu kreuzen und die wichtigen Projekte für unsere Stadt ins Ziel zu bringen.

Danke allen, die das mit uns gemeinsam machen, und danke für’s Zuhören.

(Stadträtin Juliane Alton, Budgetrede in der Stadtvertretungssitzung am 12.12.2024)