Sägenquartier - CampusVäre
Was wird aus dem Sägenquartier? Stadträtin Juliane Alton erklärt die Geschichte des Quartiers und der CampusVäre und zeigt Potenziale auf.
In Dornbirn stand einmal der größte Websaal Österreichs, der 1851 anstelle einer Sägerei - zunächst als Spinnerei - errichtet und später immer wieder erweitert wurde. Damals war Vorarlberg mit seinem wirtschaftlichen Zentrum Dornbirn eine Textil-Großmacht. Deshalb wurden 1891 gleich neben der Weberei zunächst die „K.k. Fachschule für Maschinen-stickerei“ und 1958 die Bundestextilschule errichtet, wo bis heute die Bibliothek der Fachhochschule Vorarlberg untergebracht ist.
Die Weberei war in einer riesigen Shedhalle am rechten Ufer der Dornbirner Ach - nicht weit von der Sägerbrücke untergebracht. Unterirdisch verläuft dort der Müllerbach, der vielen Dornbirner Betrieben Energie lieferte. Heute ist im Areal eine Station des Industriegeschichtlichen Pfades "Stadtspuren" entlang des Müllerbaches zu finden, direkt neben dem alten Heizwerk.
Heute wird dort mit einer Hackschnitzelfeuerung das Fernwärmenetz von Dornbirn gespeist. Die Textilschule hat sich zur Fachhochschule Vorarlberg entwickelt, privater Wohnbau ist im Quartier entstanden und die Shedhalle wurde größtenteils abgerissen - nur drei Sheds sind noch vorhanden. Anstelle der Shedhalle wurden moderne Industriehallen von beeindruckender Größe errichtet.
Die Hallen befinden sich heute im Besitz der Stadt Dornbirn und stellen großes Entwicklungspotenzial dar. Lange waren sie zu bescheidenen Preisen vermietet und als Lager in Verwendung. Auch die Strömungsversuche des Rheinbauprojekts Rhesi konnten dort über mehrere Jahre durchgeführt werden. Der Stadt gehören auch die Personalhäuser am gegenüberliegenden Ufer der Dornbirner Ach und 40% der Campus II Investment GmbH (weitere Beteiligung: Land Vorarlberg 20%, Prisma Investment GmbH 40%). Auch die Wiesen östlich der Hallen befinden sich zum Teil im Besitz der Stadt, teils hat die Stadt ein kostspieliges Baurecht daran erworben.
Südöstlich der Hallen befindet sich eine Backfabrik des Dornbirner Bäckereiunternehmens Ölz, die mit einem Exportanteil von 42% einen erheblichen LKW-Lieferverkehr im Quartier verursacht. Die Offene Bürgerliste (Vorgänger der Dornbirner Grünen) sahen die Betriebsgebietswidmung für Ölz am Standort an der Ach in den 1990er Jahren kritisch und sprachen sich dagegen aus. Bis heute verhindert der LKW-Verkehr den Rückbau der Achstraße, um für die vielen Beschäftigten im Quartier, für die Studierenden und alle, die gern am Wasser sind, einen Zugang zur Ach zu schaffen. Die Dornbirner Grünen setzen sich seit 2018 vehement dafür ein, so etwa könnte es ausschauen:
Etwa gleichzeitig starteten Überlegungen in der Stadtplanungsabteilung der Stadt Dornbirn, wie das Quartier entwickelt werden sollte. Beauftragt wurde das Architekturbüro Helmut Kuess, das Entwürfe zeichnete und ein Konzept erstellte, das im Stadtplanungsausschuss der Stadt auch mehrheitlich befürwortet wurde. Die Grünen lehnten das Konzept ab. Die Verkehrsproblematik wäre verschärft worden (1.000 Tiefgaragenplätze waren geplant), die Bedürfnisse der Studierenden waren außer Acht gelassen worden und die Sägenhallen wären abgerissen und durch gesichtslose "Bauklötze" ersetzt worden, wie hier zu sehen ist:
Konzepte zu erstellen ist wichtig, doch manchmak ist es erfreulich ist, wenn sie nicht umgesetzt werden und stattdessen weiter nachgedacht wird. Nicht nur für die Personalhäuser der Stadt Dornbirn gibt es einen Abrissbeschluss, obwohl sie saniert werden können. Auch berühmte Gebäude wie die Schattenburg in Feldkirch oder das Museumsquartier in Wien waren zeitweilig vom Abriss bedroht. Wir freuen uns, dass der Abriss vom Tisch ist. Denn so viel Platz, wo sich Unterschiedlichstes entwickeln kann, hätte es in einem Quartier, das nach den Plänen von Kuess gebaut worden wäre, bestimmt nicht gegeben.
Tatsächlich wäre jetzt die Zeit, alle Interessierten einzuladen um auszuprobieren, wie die Hallen ohne aufwändige Umbauten genutzt werden können. Mit der Vermietung der kleinsten Halle an Roland Adlassnig ist das schon ein Stück weit geglückt. Adlassnig nutzt die Halle gemeinsam mit vielen weiteren Künstler:innen und Gruppen. Auch Menschen der Initiative Artquer konnten unterschlüpfen. Mit Landesförderung ist diese Nutzung derzeit möglich.
Natürlich sollte es auch politische Überlegungen und Zielsetzungen geben für die Nutzung der Hallen. Sobld sich die Politik auf Ziele verständiugt hat, ist eine schrittweise organische Entwicklung unterschiedlichster Nutzungen möglich. Solche Ziele gibt es jedoch nicht, obschon die Grünen das seit 2018 einfordern und gut überlegte Vorschläge gemacht haben.
Was wir kritisch sehen, sind übereilte Bauvorhaben im Areal sowie eine dem Vergabegesetz widersprechende Beauftragung von Planungsleistungen an den Architekten Johannes Kaufmann. Wir bezweifeln, dass die rund 5,3 Millionen an städtischen Mitteln, die in einen Umbau der Halle 4 zu mietbaren Büro- und Atelieroxen gesteckt werden, so einfach über Mieten zurück verdient werden können.
Auch sehen wir die bisher aufgewendeten Geldmittel von etwa einer Million seit 2021 für den Verein CampusVäre als nicht gut begründet an. Das Verhältnis von personellem Aufwand (etwa drei Personen) und Ergebnissen muss nach drei Jahren Tätigkeit als unausgewogen bezeichnet werden. Kein Wunder, dass einige bisherige Geldgeber sich zurück ziehen und auch der Kulturausschuss der Stadt sich einstimmig für eine Halbierung der Fördermittel ausgesprochen hat. Obleute des Vereins sind übrigens Vizebürgermeister Julian Fässler und Jimmy Heinl (WISTO).
Den Grund für die magere Bilanz sehen wir in erster Linie in den mangelnden politischen Zielvorgaben, die zu einem unklaren Bild führen, welche Kompetenzen für eine gedeihliche Entwicklung nötig wären. Immerhin wird ab jetzt auf Initiative der Grünen die Tätigkeit des Verein so wie andere Beteiligungen der Stadt auch regelmäßig im Ausschuss für die Verwaltung der Beteiligungen diskutiert.
Die Notwendigkeit einer sorgfältigen Entwicklung eines Zielbildes durch die Politik bleibt bestehen.
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