Rohrbach unter Wasser - was nun?

Rohrbach unter Wasser - was nun?
Sportplatz Rote Erde am 22. August 2025

Obwohl sich der Juli und August im Rheintal zeitweise eher kühl und regnerisch angefühlt haben, ändert das nichts an der Tatsache, dass auch die Jahre 2024 und 2025 wieder Rekorde brechen werden, was die Erwärmung und die Häufung von extremen Wetterereignissen angeht.

Dass es im Talgrund des Rheintals und den Hanglagen bis 900m Seehöhe praktisch keinen Schneefall mehr gibt, daran haben wir uns stillschweigend gewöhnt, weil das allenfalls zur Folge hat, dass wir nicht mehr schaufeln müssen und kaum mehr Eis von Windschutzscheiben abkratzen.

Anders ist das bei jenen Folgen des Klimawandels, die ein vermehrtes Auftreten von Starkregenereignissen zur Folgen haben. Die Erwärmung der Meere hat zur Folge, dass mehr Wasser verdunstet: 1°C höhere Lufttemperatur erhöht den Feuchtegehalt der Luft um sieben Prozent. Dieses Wasser wird mit den Windströmungen auch in den Alpenraum verfrachtet, wo es am Alpenrand in massiven Regenereignissen abgeladen wird. Man kann das nicht nur an der Alpensüdseite oder in Spanien beobachten, sondern auch wir in Vorarlberg sind davon massiv betroffen. Das wurde diesen Sommer oder auch 2023 beobachtbar, als nach lokalen Starkregenereignissen große Teile des niedrig gelegen Stadtgebiets von Überschwemmungen betroffen waren.

Rohrbach in einer starken Regennacht, 22. August 2025 Foto: Wolfgang Juen

Dass es lokal zu Überschwemmungen kommt, liegt aber nicht nur an der Klimaerwärmung, sondern es gibt dafür durchaus auch hausgemachte Ursachen.

Die Stadtentwicklung ist in Dornbirn über Jahrzehnte mit wenig Rücksicht auf Bodenversiegelung verlaufen und hat nur in geringem Maß vorgesorgt, um die neu entwickelten Stadtteile wie Schwefel oder Rohrbach vor Überflutung zu schützen. Man hat darauf vertraut, dass die Bachverbauungen des Fischbachs und des Stiglbachs - teilweise aus der Vorkriegszeit oder den frühen 1950 er Jahren - schon gut genug sein werden. Erst der Entlastungsstollen vom Steinebach in die Dornbirner Ach, der 2018 um 6,4 Millionen Euro errichtet wurde, zeigte ein gestiegenes Bewusstsein für die Hochwassergefahr.

In Dornbirn war es davor wie anderenorts üblich, die Bäche in ausgemauerte Gerinne zu zwängen, die weder Versickerung ermöglichen noch natürlichen Lebensraum für Pflanzen und Tiere bieten.

Ausbau des Zusammenflusses des Baches vom Wapprugg herunter mit dem Fischbach ca. 1926. Fotocredit?

Die Folgen dieser Art von Flussbau tragen wir in Dornbirn noch heute nicht zuletzt im Unterlauf des Fischbachs und im Rohrbach, da einige Bäche teils noch immer durch Rinnen aus Betonfertigteilen fließen.

Der Fischbach heute auf Höhe der Feuerwehr

Die offensichtliche Veränderung der Niederschläge in Qualität und Quantität hat aber gezeigt, dass ein wesentlich schnelleres Handeln in Bezug auf die Renaturierung der Bäche notwendig gewesen wäre. Die Europäische Union hat dafür den Rahmen und die Verpflichtung geschaffen, die 2015 zur Veröffentlichung eines Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan führte, der 2021 erneuert, jedoch weder zeitlich noch in seinem Umfang eingehalten wurde. Auch die Mittel, die vom Bund und vom Land zur Verfügung stehen sollten, sind nicht im notwendigen Ausmaß bereit gestellt worden. Planungen für die Renaturierung des Fußenauer Kanalsund der Schwarzach gibt es. Kleinere Projekte (z.B. Steinebach am Hangfuß entlang) wurden bereits realisiert.

Die wichtigste und wirksamste Maßnahme zum Hochwasserschutz wird dagegen immer noch sträflich vernachlässigt: Die Versickerung von Regenwässern dort, wo sie anfallen. Das ist die natürlichste, kostengünstigste und effizienteste Verhinderungsmassnahme von Hochwasser an anderen Orten.

Fischbach im Beton-Korsett auf Höhe Tierheim

Zwar gibt es in Dornbirn dazu das lobenswerte Projekt Schwammstadt Moosmahdstrasse. Dabei geht es darum, dass die Umgestaltung der Moosmahdstrasse in eine städtische statt eine Durchzugsstraße dafür sorgen wird, dass die Oberflächenwässer an Ort und Stelle versickern und die Straßenbäume mit Wasser versorgen. So wird weder das Kanalnetz belastet, noch gelangen steigende Wassermengen in Bäche oder auf Grundstücke. Durch solche Konzepte ist an niedriger gelegenen Stadtteilen wirksamer Hochwasserschutz möglich, aber erst dann, wenn solche Projekt ein größerer Zahl und in schnellerem Tempo umgesetzt werden.

Damit das Konzept der Schwammstadt wirksam wird, bedarf es vieler weiterer solcher Projekte in Dornbirn, bei denen konsequent die Methoden der lokalen Versickerung und Bepflanzung mit Bäumen angewendet werden. [Link zu Schwammstadt]

Das Projekt Schwammstadt Mossmahdstrasse wird von der Idee bis zur Umsetzung ca.sechs Jahre dauern.

Seitens der Stadtplanung und der Tiefbauabteilung braucht es fachliche Klarheit betreffend den Umgang mit den steigenden Regenmengen. Nur konsequente Versickerung, verstärkte Bepflanzung und der Rückhalt an der Oberfläche (auf Gründächern, in Rückhaltebecken, Parks und Straßenrinnen und -gräben) helfen wirklich.

Auch Grundstückseigentümer:innen verfügen hier über Handlungsmöglichkeiten: Das nicht reinigungsbedürftige Regenwasser von Dächern und Vorplätzen soll nicht mehr in den Kanal geleitet werden. Wo Versickerung nicht gut möglich ist, braucht es Gründächer und Retentionsteiche –große öffentliche wie am Gerbergraben und kleinere private in den Gärten.

Wir Grüne vertreten seit jeher die Prinzipien der Nachhaltigkeit in Stadt- und Lebensraumplanung, wozu auch die Wiederherstellung von natürlichen Flußläufen gehört. Konkret bedeutet das:

  • Sparsamer Umgang mit Boden, weniger Flächen verbauen und versiegeln
  • Eine klare Siedlungsgrenze im Stadtentwicklungsplan
  • Weniger Regenwasser im Kanal
  • Für die ganze Stadt gültige Bebauungspläne mit der Verpflichtung, Dächer zu begrünen, wo immer dies möglich ist
  • Konsequente Baumpflanzungen im ganzen Stadtgebiet mit ausreichend Bodenfür den Wurzelbereich
  • Entsiegeln und die Verwendung von sickerfähigen Oberflächenbelägen

Was wir erreicht haben:

Es werden jedes Jahr Bäume gesetzt, das sorglose Fällen und Beschädigen von Bäumen gehört durch den Beschluss der Baumschutzrichtlinie und das Führen eines Baumkatasters der Vergangenheit an.

Beschlüsse zum Entsiegeln wurden schon mehrmals gefasst, doch jetzt endlich wird die Umwandlung von asphaltierten Parkplatzflächen beim früheren Hatler Spar in Grün- und Spielräume umgesetzt. Weitere Vorschläge für Flächen, die leicht entsiegelt werden können, gibt es seitens der Grünen.

Seit zehn Jahren verfolgten wir das Anliegen, weniger Regenwasser in den Kanal zu leiten. Bei Neubauten und überall dort, wo der Kanal saniert wird, ist dies bereits gesetzlich vorgesehen. Für ein schnelleres Vorankommen wird es wohl notwendig sein, dass nicht nur für eingeleitetes Schmutzwasser eine Gebühr erhoben wird, sondern auch für Regenwasser – so wie dies z.B. die Stadt Feldkirch handhabt. Seit Jahren wird dies unter dem Stichwort „Gebührensplitting“ diskutiert. Regenwasser belastet den Kanal und die ARA kaum weniger als Schmutzwasser. Hingegen speist Regenwasser, das gleich versickert, das Grundwasser und hat dadurch eine Reihe von erwünschten Wirkungen. Wer ein Grundstück besitzt, wird dann die Möglichkeit haben, eine Regenwassergebühr fürs Einleiten zu bezahlen oder für Rückhalt und Versickerung zu sorgen, z.B. mittels Regentonnen oder -becken, Gründach oder Sickerschacht.

Die rasche Veränderung des Klimas erfordert ein noch schnelleres Handeln, um die stets größer werdenden Schäden durch Hochwasser zu verhindern. Die Richtung, die eingeschlagen werden muss, ist klar.