Haselstauden: Traum und Wirklichkeit

So wird die Zentrumsbebauung zur Belastung statt zur Zukunftschance

Haselstauden: Traum und Wirklichkeit
Kahl.

Die Zentrumsbebauung Haselstauden, die im November 2021 in der Stadtvertretung beschlossen wurde, ist eine äußerst kostspielige und städtebaulich völlig unbefriedigende Entscheidung, der wir Grüne vergeblich mit besseren Vorschlägen entgegengetreten sind. Mittlerweile wird von unterschiedlicher Seite Unverständnis für das Projekt signalisiert. Wozu und wem soll es dienen? Was fehlt alles? Viele schütteln mittlerweile den Kopf.

Mehrmalige Versuche von Seiten der Grünen, dieses Projekt zu stoppen, neuen Überlegungen Platz zu machen, es zu kleiner zu dimensionieren, aus der Falle der einmal getroffenen Entscheidung wieder herauszukommen, scheiterten.

Wo gab es einen Plan?

Begonnen hat es, als der Stadtplanungschef uns eröffnete (die Volksschule Haselstauden war gerade in Bau), dass "als Nächstes die Zentrumsbebauung Haselstauden ausgeschrieben werde... mit Kinderhaus und Turnsaal..." und was das "für ein schönes Projekt geben würde..."  
Wir waren überrascht – anstatt einen Wettbewerb über das gesamte Areal und alle notwendigen Bedürfnisse in Haselstauden durchzuführen, lässt man eine Schule planen und bauen – im Wissen, dass kurze Zeit darauf das ganze Areal neugestaltet und umgebaut werden soll.  
Stadtplanung schaut anders aus.

Nicht nur dass gerade Errichtetes wieder abgerissen und zerstört wird, Kindern über ein, zwei Jahre eine unzumutbare Baustellenatmosphäre geboten wird, neben frisch gepflanzten Bäumen auch ein über hundertjähriger Baumriese vernichtet wird: Das Ganze ist ein Flickwerk, ein städtebauliches Fiasko. – Darüber könnten Städteplaner:innen trefflich diskutieren, wenn sie es wollten...

Die Abtrennung durch die Straße, die Abgewandheit davon, der Nichteinbezug der westlichen Teile des Dorfes vom neuen "Zentrum" ergeben eine städtebauliche Niederlage.

Wie oft haben wir in den Ausschüssen diese Thematik zur Diskussion gestellt, das Interesse dafür war nicht da. Unsere Vorschläge wurden nicht zur Kenntnis genommen – es wurde alles durchgedrückt.

Es ist unbestritten, dass wir dort die Volksschule erneuern mussten, das haben wir mitgetragen, obschon wir auch da eine Variante in einfacherer Bauweise und mit weniger Beton im Außenraum vorgezogen hätten.

Warum abreißen und nicht sanieren?

Es war aus unserer Sicht jedenfalls ein Fehler, die erst 25 Jahre alte Turnhalle abzureißen, deren Sanierung nicht einfach aber doch möglich und kostengünstiger gewesen wäre als ein Neubau. Die Turnhalle war ein ansprechendes Bauwerk, und sie stünde den Kindern jetzt bereits zur Verfügung, wenn wir sie saniert hätten. Auch für Veranstaltungen hätte sie weiterhin verwendet werden können.

Einen Kindergarten brauchen wir dort, doch hätten wir dafür die ehemalige Volksschule (mittlerweile abgerissen) erweitert und umgebaut. Wir hätten ihn bescheidener dimensioniert und die Kinderbetreuungsstätten besser über Haselstauden verteilt und damit für die Familien wohnortnäher angelegt. Vielen wäre dadurch ein weiter Weg und die Überquerung der unwirtlichen und gefährlichen Landesstraße erspart geblieben.

Ein Kinderhaus mit vier Geschoßen für 162 Kinder ohne direkte Zugänge zu Freiräumen (die Kleinkinderbetreuung ist übrigens im obersten Stockwerk untergebracht) wird im Inneren über eine Treppe erschlossen. Für die Nutzer:innen ist es schlecht erreichbar, auch widerspricht es dem Konzept der kurzen Wege und somit der Selbständigkeitsentwicklung der Kinder.

Warum Autos im Dorfzentrum und Elterntaxi fördern?

Auf eine 36-plätzige Tiefgarage hätten wir verzichtet. Tiefgaragen sind kostspielig, eine günstigere Hochgarage im Bereich des Bahnhofs Haselstauden hätten wir im Sinn der Verkehrsberuhigung eher vertreten können. Doch Autoverkehr in ein Dorfzentrum zu ziehen und damit das "Elterntaxi" zu fördern, halten wir für widersinnig. Der im Untergeschoss liegende Turnsaal ist für die Volksschule im Innenraum nur über die Tiefgarage erreichbar oder über den Hof im Freien – ein weiteres Zeugnis von mangelhafter Planung.

Auf der Decke der Tiefgarage kommen die Freiflächen für das Kinderhaus zu liegen. Das heißt, die Kinder bekommen einen baumlosen, schattenlosen Hof, um im Freien zu spielen.

Veranstaltungssaal für welche Vereine?

Auf einen neuen Veranstaltungssaal für 400 Personen hätten wir ebenfalls verzichtet. Die Turnhalle samt Außenterrasse, gern auch mit kleinräumigen Erweiterungen für einen Küchenbereich, wäre für die größeren Veranstaltungen gut geeignet gewesen. Der Bedarf für einen neuen Saal wurde nie erhoben. Dass sich kaum ein Verein die Saalmiete wird leisten können, dass es einer Organisation bedarf, diesen Saal zu vermieten und zu managen – all dies wurde nie politisch diskutiert.

Im 1. Stock fristen zwei Lehrküchen ihr einsames Dasein – abgeschnitten von der Wirtschaftsschule und allen anderen Einrichtungen wie Schule und Kinderhaus, für die sie ja möglicherweise Mahlzeiten zubereiten könnten.

Im Übrigen gibt es noch den durch städtisch Investitionen verbesserten Pfarrsaal, der für kleinere Veranstaltungen bis 100 Personen passend ist.

Bundesschule ohne Bundeszuschuss für den Bau?

Die Fachschule für wirtschaftliche und Sozialberufe zu erweitern, ist zweifellos wünschenswert. Dafür den bestehenden Kindergarten zu verwenden ist auch eine gute Idee. Was uns bei diesem Projekt fehlt, ist der Bundeszuschuss. Denn da bauen wir auf städtische Kosten eine Bundesschule. Der Bund hätte zweifellos die Mittel, hier kräftig zu unterstützen, und darauf zu verzichten, halten wir für falsch.

Was kostet das Ganze – finanziell und an Zukunftsprojekten?

Im Ergebnis heißt das, wir bauen um 35 Millionen Euro (am Ende werden es wohl einige Millionen mehr sein), die wir wie üblich mit Krediten finanzieren, deren Zinsen im Steigen begriffen sind. Schon im jetzt vorliegenden Voranschlagsentwurf, steigen die Zinsen für Kredite um 1 Million, dabei wird es wohl nicht bleiben. Eine Zentrumsbebauung nach unseren Vorschlägen hätte keine 20 Millionen gekostet. Und ein öffentlicher Spielplatz, gern mit gesichertem Zugang zum Haselstauder Bach, wäre auch noch drin gewesen. Ein solcher Spielplatz fehlt dort nämlich schmerzlich.

Ein Herzensanliegen ist uns auch von Anbeginn die Umgestaltung der Landesstraße, wie es einem Dorfzentrum entsprechen würde. Das nicht gleich mitzudenken, ist aus unserer Sicht ein schwerwiegender Fehler. Denn sie ist nach wie vor eine gefährliche Verkehrshölle. Ein Rückbau der Landesstraße, der eine Temporeduktion ermöglicht und den Durchzugsverkehr reduzieren hilft, wird von der Bevölkerung schon lange gefordert.

In Zeiten der Hochkonjunktur im Baugewerbe, der hohen Inflation, der Energiekrise, der finanziell äußerst angespannten Budgetsituation, in der fundamentale Dienstleistungen nur schwer finanziert werden können, wäre es sinnvoll, nicht Notwendiges aus den Bauplänen zu streichen.

Dieses "Zentrum" ist nicht nur aktuell ein unleistbares Ungetüm, es wird über Jahrzehnte ein Klumpfuß für den städtischen Haushalt sein. Notwendige Investitionen in Zukunftsprojekte wie Energieversorgung, neue Verkehrsplanung, Schutzmaßnahmen gegen Hochwasser und Lawinen, Instandhaltung von bestehenden Gebäuden... werden auf die lange Bank geschoben.

Ein verbildlichter Gedanke, wie Haselstauden wirklich aussehen könnte