Eine kantige Angelegenheit

Radfahren ist in Dornbirn immer noch zu gefährlich. Auch wer mit Kinderwagen, Rollstuhl oder Rollator unterwegs ist, trifft auf Hindernisse und Gefahren. Dabei gibt es gute Regeln für die Gestaltung von Straßen. Wir setzen uns dafür ein, dass diese eingehalten werden.
Vor kurzem haben Stadtvertreterin Elisabeth Edler und ich beobachtet, wie ein Radfahrer in der Viehmarktstraße gestürzt ist. Wir sind hin gelaufen und haben gefragt, ob er Hilfe braucht. Er hatte sich schon wieder aufgerichtet, blutete jedoch im Gesicht und hatte sich das Knie heftig angeschlagen. Hilfe brauche er nicht, meinte er, es gehe schon wieder und machte sich, sein Fahrrad schiebend, auf den Weg. Solche Unfälle bleiben undokumentiert und scheinen in keiner Statistik auf.
Zum Verhängnis geworden waren ihm die drei Zentimeter hohe Gehsteigkante und der beschränkte Platz, der kein Ausholen erlaubte, um die Kante im rechten Winkel zu überfahren.

Diese Situation gibt es in Dornbirn viel zu häufig. Drei-Zentimeter-Kanten sind in der letzten Zeit zum Standard geworden als Abtrennung von Gehsteigen von der Fahrbahn, Aber auch an Kreuzungen gibt es auf dem Radstreifen oder Radweg oft Kanten, wo es eben sein sollte.
Dornbirn als Fahrradfreundliche Gemeinde? Zertifizierung nicht umgesetzt
Zuletzt wurde die Straße Kehlermähder von der Siegfried-Fussenegger-Straße durch eine Granitkante abgetrennt, die nun vom Radverkehr besondere Vorsicht und ein Ausholen notwendig macht. Das hat die Anwohnenden auf den Plan gerufen, die diese "Gestaltung" als gefährlich ablehnen und eine bessere Lösung fordern. Tatsächlich handelt es sich hier um eine misslungene Ausführung. Mittlerweile gibt es die Zusage, dass dort nachgebessert wird.

Es gibt viele Dinge, die den Radfahrer*innen, Menschen mit Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen den Alltag erschweren und sie auch Gefahren aussetzen. So müssen Rollstuhlfahrer*innen die Kante an der Kronenkreuzung im Rückwärtsgang überwinden. Sie müssen also auf dem Schutzweg umdrehen und rückwärts auf den Gehsteig fahren - und das bei sehr kurzer Grünphase.
Dornbirn hat 2021 im Rahmen des Umweltprogramms beschlossen, sich offizell als fahrradfreundliche Gemeinde zu zertifizieren. Das Energieinstitut bietet dafür ein ausgereiften Prozess an. Umgesetzt hat Dornbirn diese Zertifizierung bislang jedoch nicht.
Es gibt klare Regeln in der "RVS"
Es ist Zeit, in Dornbirn endlich einen guten Standard zu setzen. Denn auch die Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau ("RVS", eine Ö-Norm) fordern klar und unmissverständlich, dass der Radverkehr kantenfrei über Kreuzungen geleitet wird und dass Trennstreifen z.B. zwischen Gehsteig und Radstreifen sicht- und spürbar, jedoch kantenfrei ausgeführt werden, zum Beispiel durch einen gepflasterten Streifen oder durch ein Schrägbord. Denn Abschrägungen verhindern Stürze.

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit hat die Gefahr von Kanten untersucht und schreibt: "Randsteine stellen für Radfahrende ein beträchtliches Unfallrisiko dar, rund einer von zehn Fahrradunfällen geht auf eine Kollision mit einem Randstein zurück. Dies zeigt sowohl die Analyse der in der Injury Database Austria enthaltenen Fahrradunfälle als auch die Betrachtung der vorhandenen Literatur. In der Unfallprävention und (zumindest teilweise) im Bewusstsein der Planenden ist das Thema allerdings bisher, wenn überhaupt, noch nicht prominent vertreten (...) Ganz generell ist es notwendig, die Gefahr, die von Randsteinen für Radfahrende ausgeht, ins Bewusstsein von Planer*innen zu rufen. Dies betrifft ausdrücklich sowohl Randsteine zwischen Fahrbahn und Gehsteig o.ä. als auch Randsteine zwischen Radwegen und Gehwegen (...) Wo der Radverkehr im Mischverkehr neben dem Randstein geführt wird, sollte der Randstein als Schrägbord ausgeführt werden, damit ein etwaiges Anfahren für Radfahrende keine (Unfall-)Konsequenzen hat."
Es kostet nicht viel, mehr Sicherheit zu schaffen
Auch bei klammen Kassen sind Verbesserungen möglich, denn oft sind es nur kleine Änderungen, die sofort helfen, z.B. das Abhobeln oder Tiefersetzen eines Randsteins. Vor allem ist es wichtig, dass die Planenden den öffentlichen Raum AUCH für den Radverkehr sorgfältig planen und umsetzen. Dort wo Sehbehinderte an Übergängen eine Kante zum Tasten benötigen, genügt es, die Kante bei den Leitrillen auszuführen, nicht jedoch auf der gesamten Breite des Übergangs.

In Dornbirn ist Radfahren die angenehmste und schnellste Methode, um von A nach B zu kommen. Praktisch alle Strecken im Talraum sind binnen 10 oder 15 Minuten erreichbar. Doch Radfahren soll nicht nur praktisch sein und Freude machen - es soll unbedingt auch sicher sein.
Nachsatz
Der Bezirk Dornbirn ist laut Unfallstatistik 2024 der fünftgefährlichste Bezirk in ganz Österreich. Auf 10.000 Einwohner*innen gab es 61 Unfälle. Nur Villach, Klagenfurt, Innsbruck und Reute waren gefährlicher.
Zwei Drittel der Dornbirner*innen besitzen ein Fahrrad. Wir gehen davon aus, dass sie es auch benützen. Vor allem die 6 - 17-Jährigen sind Radfahrerinnen. 84% dieser Altersklasse besitzt ein Fahrrad. Schauen wir, dass sie heil ans Ziel kommen.
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