Bald die letzte Messe gelesen?
Ein neuer Geschäftsführer soll die Messe Dornbirn als interdisziplinären Marktplatz stärken – statt Abwicklung. Doch die Zahlen sind alarmierend: 2024 schrieb die Messe über 3 Mio € Verlust, mit kaum liquiden Mitteln und wachsenden Ausgaben

Wenn es nach dem neu bestellten Geschäftsführer der Dornbirner Messe geht, bestimmt nicht. Ab 1. Oktober 2025 soll Nilly Nail seine neue Aufgabe übernehmen.
„Mit Nilly Nail stellen wir uns für die Zukunft breiter auf und gehen die nötigen Schritte der Transformation, um die Messe Dornbirn als interdisziplinären Marktplatz im Vier-Ländereck zu stärken“, sagt Martin Dechant, Aufsichtsratsvorsitzender der Messe Dornbirn. „Ich sehe enormes Potenzial in unserer gesamten Region“, meint Nilly Nail, der Neue.
Zuversicht ist schön, doch die wirtschaftlichen Fakten sind trübe
Ein Blick in die Bilanz des Jahres 2024 zeigt: Der Bilanzverlust der Dornbirner Messe betrug 2024 3.439.047,53 Euro. Der Umsatz ist massiv gefallen, der Cashflow ist dramatisch negativ. Der Umsatz geht schon seit längerem zurück, was die Frage aufwirft: Womit sind die etwa 30 Mitarbeiter:innen beschäftigt? Die Personalaufwendungen sind um 6% gestiegen. Der Umsatz je Mitarbeiter:in ist stark gefallen. Die Aufwendungen für Material sind enorm. Sie machen fast 50% des Umsatzes aus. Es gibt viele aushaftende Kredite und dazugehörige Zahlungsverpflichtungen. Beunruhigend ist auch: Der Bestand an liquiden Mitteln betrug Ende 2024 179.000 Euro. Das entspricht ca. einem Zwölftel der Aufwendungen für Gehälter.
Wie also soll es weiter gehen? Werden Stadt und Land weiterhin viel Geld zuschießen, die Wirtschaftskammer und die Kleinaktionäre jedoch weiterhin nichts? Mit welchen Zielen, zu wessen Nutzen? Diese zentralen Fragen sind völlig offen. Und das ist für die Dornbirner Grünen der springende Punkt. Stadträtin Juliane Alton stellt klar: "Wenn öffentliches Geld ausgegeben wird, muss klar sein, wofür und mit welchem allgemeinen Nutzen. Wir fordern schon seit Jahren, dass alle Eigentümer, auch die Stadt Dornbirn, ihre Verantwortung wahrnehmen. Jetzt soll endlich mit dem neuen Geschäftsführer die notwendige Diskussion um die künftige Ausrichtung geführt werden. Logischer wäre es gewesen, eine neue Geschäftsführung entsprechend den neuen Zielen zu suchen."
Wichtig sind natürlich die Sporthallen in der Ostzeile der Messe. Sie werden von einer Vielzahl von - auch jugendlichen - Sportler:innen genutzt. Manchmal müssen sie für eine große Messe kurz ausziehen.

Wie funktioniert die Messe eigentlich?
Die Eigentümer:innen der Messe Dornbirn GmbH sind:
- das Land Vorarlberg mit 21,67%
- die Stadt Dornbirn mit 15,84%
- die Wirtschaftskammer mit 10,32%
- 117 Kleinaktionär:innen mit 52,17%
Die Grundstücke sind im Eigentum der Stadt Dornbirn. Die Eigentumsverhältnisse an den Hallen sind unterschiedlich und ziemlich komplex organisiert. Für die neueren Hallen 9-11 sowie 5 gilt, dass Land und Stadt sich die Finanzierung 60 : 40 teilten und entsprechend diesem Verhältnis über Anteile daran verfügen, sollte die GmbH liquidiert werden. Land und Stadt finanzieren mittels Gesellschafterzuschüssen und Förderungen teilweise den Betrieb der Sporthallen in der Ost-Zeile, die Baukredite und Verbesserungen wie die Photovoltaikanlage auf den Hallendächern. Während es sehr schwierig ist herauszufinden, welche Zahlungen Stadt und Land für den Betrieb, den Erhalt, den Bau und für unterschiedlichste Veranstaltungen leisten, ist es bei einem der drei großen Eigentümer klar: Die Wirtschaftskammer beteiligt sich an der Weiterentwicklung nicht - sie zahlt einfach nie mit. Wofür sie ein Mandat im Aufsichtsrat hat, darf hinterfragt werden.
Im Jahr 2024 hat das Land für eigene Veranstaltungen und bauliche Tätigkeiten (auch Kredittilgungen) 2.247.781 Euro bezahlt, wie aus einer Anfragebeantwortung im Landtag hervor geht. Dazu kamen weitere Förderungen für Sonderausstellungen und ähnliches von 21.523 Euro. Haftungen hat das Land in Höhe von insgesamt 13.616.696 Euro übernommen (Stand 31.12.2024).
Die Stadt Dornbirn hat 2024 insgesamt 1.867.295,62 Euro beigesteuert. Davon waren 520.264,10 Euro für Hallenmieten (Eishalle, Hallen 2 und 5) und 1.347.031,52 Euro für die "Förderung von Handel, Gewerbe und Industrie" - eine Aufgabe der Wirtschaftskammer, wie man eigentlich annehmen dürfte.
Kurzer Rückblick auf die Geschichte der Dornbirner Messe
Gegründet wurde die Dornbirner Messe GmbH im Jahr 1951 (damals als "Export und Mustermesse Ges.m.b.H. Dornbirn). Die erste Messe hatte bereits 1949 mit großem Erfolg stattgefunden. In Schulen und gemieteten Zelten präsentierten 541 Aussteller ihre Produkte, etwa 150.000 Besucher:innen kamen, um sich das anzuschauen - ein Volksfest! 1953 wurde die heutige Stadthalle als Messehalle errichtet, 1957 kam das "Messehochhaus" dazu. 1975 erfolgte der Umzug an den jetzigen Standort am Stadtrand, die Hallen 2 - 5 waren die ersten.

1995 wurde der traditionelle Messe-Termin Ende Juli, Anfang August abgeändert und eine Hobby- und Freizeit-Messe im Frühling ("Schau!") und eine Herbstmesse Anfang September durchgeführt. Bald kamen weitere Fach-Messen dazu, zum Beispiel die Kirchenmesse "Gloria" und die Kunstmesse "Art Bodensee" dazu. Beide wurden wieder eingestellt. Die Baufachmesse "com:bau" und die "Gustav" (Konsumkultur) und einige weitere gibt es bis heute.
Doch als Wirtschaftsunternehmen trägt sich die Messe Dornbirn GmbH derzeit offensichtlich nicht. Aussteller und kauf-freudiges Publikum gibt es nicht mehr in ausreichender Zahl. Offenbar hat sich das Messeformat überlebt. Eine schonungslose Analyse und eine wirkliche Neuaufstellung sind überfällig.
Herbstmesse 2025 startet
Am 3.9.2025 findet ab 11:00 Uhr die (erstmals öffentliche) Eröffnung statt. Bis 7.9.2025 hat die Dornbirner Messe täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, das Wirtschaftszelt länger. Ob sich der frühere Volksfestcharakter der Herbstmesse diesmal einstellen wird? Erwartet werden 55.000 Besucher:innen, die am Mittwoch und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr gratis Eintritt genießen. Etwa 300 Aussteller sind da.
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